Premiere in Groß-Gerau
Stolpersteine – Nachfahren jüdischer Familie werden Zeuge der ersten Verlegung
Zehn mal zehn Zentimeter groß, verlegt als Messingtafel im Boden des Bürgersteigs, darauf die Namen der Opfer: Die Erinnerung an von den Nationalsozialisten verfolgte und ermordete Juden in Groß-Gerau soll am 16. November (Freitag) an der Ecke Darmstädter Straße/Sandböhl eine ganz konkrete Form annehmen.
Um 18 Uhr werden dort die fünf ersten sogenannten Stolpersteine auf Groß-Gerauer Gemarkung verlegt – wahrscheinlich unter den Augen von zwei aus den USA angereisten Nachkommen der jüdischen Familie Khan, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs hier lebte, dann vertrieben, teilweise deportiert und ermordet wurde.
Die bundesweite Stolperstein-Initiative des Kölner Künstlers Gunter Demnig hatte in den Reihen der Stadtverordneten anfangs für Diskussionen gesorgt. 2009 hatten CDU und Kombi noch einen SPD-Antrag, der auf eine Initiative des Evangelischen Dekanats Groß-Gerau und des Fördervereins für Jüdische Geschichte und Kultur zurückging, abgelehnt. Im Februar stand das Thema dann erneut auf der Tagesordnung des Parlaments und erhielt diesmal eine knappe Mehrheit (wir berichteten).
Magistratsdezernent Bernd Landau informierte im jüngsten Kultur- und Sportausschuss noch einmal über die mit dem Dekanat im Vorfeld der Stolperstein-Verlegung geführten Gespräche. Gegenüber dem ECHO kündigte er nun an, dass auf den Termin am 16. November einen Tag später ein Stadtrundgang – voraussichtlich ab 14 Uhr – folge, bei dem Museumsleiter Jürgen Volkmann und Jürgen Ziegler vom Förderverein für jüdische Geschichte Interessierte an jene Orte führen wollen, an denen in Groß-Gerau jüdische Mitbürger unter dem Druck der Nationalsozialisten litten.
Wie viele Stolpersteine bis Ende 2013 in Groß-Gerau wirklich liegen werden, ist noch offen. Denn die Eigentümer der Immobilien, vor denen ein solches Zeichen der Erinnerung gelegt werden könnte, werden zunächst angeschrieben, ob sie der Verlegung zustimmen. Diese Freiwilligkeit bei der Beteiligung war schon im Kommunalparlament ein wesentlicher Bestandteil der Zustimmung einiger Mandatsträger gewesen. „Wir werden acht Adressen anschreiben“, erklärte Landau.
Der erste Schritt aber wird am 16. November gemacht. Die Veranstaltung reiht sich damit auch in das Gedenken anlässlich des Jahrestags der Reichspogromnacht am 9. November ein.