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Sieben Stolpersteine wurden am 04.02.15 verlegt – Förderverein Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau e.V.

Sieben Stolpersteine wurden am 04.02.15 verlegt

„Wie konnte es möglich sein?“

Gedenken – In Gernsheim werden diesmal sieben Stolpersteine verlegt – Paten erinnern an Schicksale der Naziopfer

In würdiger Weise wurden in der Schöfferstadt weitere sieben Stolpersteine verlegt. Dabei gab es von den Paten Erkenntnisse zu den Opfern des Naziregimes.

GERNSHEIM.

Die hebräischen Vornamen sind ein Hinweis auf das Interesse am Judentum: Aviva Weichel-Butsmann und Jürgen Butsmann übernehmen die Patenschaft für die Stolpersteine für Bernhard und Emma Spiess. Die Kinder Noah und Yaron legten Blumen nieder, nachdem Künstler Gunter Demnig die Gedenksteine im Trottoir der Einsiedlerstraße eingelassen hatte.

Es waren die beiden letzten von sieben Steinen, die am Mittwoch verlegt wurden. Butsmann begründete das Engagement der beiden Familien für diese Art des Gedenkens: „Kann man sich heute ernsthaft vorstellen, seine Gernsheimer Nachbarn aufgrund ihrer Herkunft zu diffamieren, enteignen, vertreiben und sogar ihre Ermordung zu tolerieren?“

Pascal Klewer und Pascal Moor (Gymnasium Gernsheim) eröffneten musikalisch die Feierstunde in der Elisabethenstraße. Beim Gedenkstein für Karoline Weil ging Pfarrer Claus Munstein auf deren vier Kinder ein, von denen nur Adolf überlebte. Hannchen starb an einer Krankheit, Max an den Verletzungen aus dem Ersten Weltkrieg, Hildegard im KZ Theresienstadt. Dort starb auch die Mutter, 87 Jahre alt.

Auf das Alter der Verfolgten war zuvor Bürgermeister Peter Burger (CDU) eingegangen: „Wie konnte es möglich sein, dass man sich an Menschen vergriff, die bereits über 80 Jahre alt waren, die ein ereignisreiches Leben hinter sich hatten, die ihre Pflicht und Schuldigkeit getan hatten, und denen auch nach damaligen Maßstäben ein ruhiger Lebensabend hätte beschieden sein sollen?“

Burger dankte den Mitgliedern der Stolperstein-Projektgruppe. Die aufgrund ihres Engagements verlegten Stolpersteine „mahnen uns, wachsam zu bleiben und allen Versuchen entgegenzutreten, die aus der Freiheit Verfolgung, aus Frieden Streit und aus Toleranz Borniertheit machen wollen“.

Mit Informationen zu Sigmund und Florentine Nahm wartete Heinrich Bolenz auf. Er fand in der New Yorker Zeitung „Aufbau-Reconstruction“ die Todesanzeige. Danach starb Sigmund am 13. Juni 1946 im englischen Blackburn, zuvor am 23. Oktober 1943 seine Frau. Weshalb die CDU die Patenschaft für den an Sigmund erinnernden Stein übernehme, begründete Bolenz mit: „Weil es uns wichtig ist.“

Ernst Weinmann sprach über Florentine Nahm: „Welche Ängste um Enkelkinder, Tochter, Schwiegersohn und Ehemann hat sie in der Pogromnacht ausgehalten, welche Ängste hatte sie selbst?“ Aus nur wenigen Daten zu ihrem Leben lasse sich das Elend und Leid der jüdischen Frauen und Mütter herausspüren. Auch heute würden in vielen Ländern Männer, Frauen und Kinder diskriminiert, verfolgt, vertrieben, gequält und ermordet. „Es ist unsere Aufgabe sie aufzunehmen und willkommen zu heißen.“

Im Namen der Paten Herta Knierim und Heinz Beyer sprach Marianne Walz über die Nahm-Tochter Helene Strauss. 1939 sei sie nach London geflohen, gestorben sei sie wohl in Kalifornien. Ihren Kindern werde seit Beginn der Naziherrschaft ihre brennende Sorge gegolten haben. Bei der Flucht aus Gernsheim war Helene 43 Jahre, Betty 16 und Manfred zwölf. „Wir Frauen, wenn wir Mütter sind, haben einen steten Mittelpunkt unseres Daseins: die Kinder.“

Helene dachte auch an ihren in Auschwitz ermordeten Bruder Hermann, für den sie 1971 einen Eintrag in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erwirkt hat. Wie einst Hermann, studiert auch Tatjana Sandhöfer an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt. Sie begleitete die Zeremonie auf dem Saxofon.

Die große Begabung für Gesang habe Hermann zur Oper geführt, sagte Patin Birgit Weinmann. 1932 war er Titelheld in Mozarts „Don Juan“. „Hätten die Gräuel nicht stattgefunden, stünden wir heute womöglich vor einer Gedenktafel, die auf einen weiteren großen Sohn der Stadt hinweisen könnte.“

Die Patenschaft für ihren Stolperstein sei ihr öffentliches Bekenntnis: „Ich werde für Menschlichkeit, Toleranz und Demokratie eintreten und mich dafür einsetzen, dass kein Mensch aufgrund seiner Rasse, seines Glaubens, seiner Hautfarbe, seiner Herkunft oder geschlechtlichen Ausrichtung diskriminiert, verfolgt, gequält, oder getötet wird. Gott helfe mir und uns dabei.“

Birgid
Author: Birgid

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