Heinrich Klingler vom Verein Heimatpflege, der als Kind seine Nachbarn Hermann und Rebekka Gottschall persönlich kannte, erinnerte daran, dass der Name Gottschall erstmals 1752 im Gemeindearchiv zu lesen war. Damals seien die Gottschalls Makler für Getreide und Vieh gewesen, für Juden fast die einzige Möglichkeit, sich beruflich zu betätigen. Anfangs habe die Familie in der Hauptstraße 11 gewohnt, ehe Hermann Gottschalls Vater Moses das Grundstück Nummer 14 kaufte. Sein Sohn errichtete darauf ein Wohn- und Geschäftshaus. Die Metzgerfamilie, die ihre koscheren Würste bis nach New York lieferte, sei in Klein-Gerau völlig integriert gewesen. Hermann war in der Feuerwehr aktiv, in allen Vereinen Mitglied. Zum Wohnhaus habe eine Laubhütte gehört. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft habe sich die wirtschaftliche Lage der Metzgerei verschlechtert, bis 1938 kaum noch geschlachtet werden konnte.
Herbert Gottschall sei bereits 1933 nach einer Auseinandersetzung mit SA-Leuten nach Holland geflohen. Sein Bruder Arthur sei ebenfalls geflohen, zunächst über Spanien in die Karibik, dann nach Kanada, von wo aus er als Soldat an der Landung der Alliierten in Frankreich teilnahm. Später habe er auch in Holland gelebt, sagte Klingler. Ihre Eltern, die sich 1938 in Frankfurt Anonymität versprachen, misslang die Flucht. Aus dem belgischen SS-Lager Mechelen wurden sie 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Als letzten Hinweis fand Heinrich Klingler eine Notiz an den Klein-Gerauer Bürgermeister, in der Gottschall bat, entsprechend einer Anordnung des Reichsinnenministers seinem Namen „Israel“ hinzuzufügen.
1752 erste Erwähnung im Gemeindearchiv
KLEIN-GERAU.