Erneutes Innehalten auf der Straße
STOLPERSTEINE Gedenken an jüdische Familien Guthmann, Guckenheimer und Hirsch
GROSS-GERAU – (tau). Am Samstag, 21. Mai, werden erneut Stolpersteine in Groß-Gerau verlegt. Die Veranstaltung beginnt um 9 Uhr in der Walther-Rathenau-Straße 11.
„Ich war doch sehr überrascht, so viele Häuser zu erkennen, die jüdische Eigentümer hatten, aber ich war ja erst acht Jahre alt, als ich Groß-Gerau verließ.“ Das schrieb Ruth Veit, geborene Koch, Enkelin von Adolf und Settchen Guckenheimer im April. Nun, am Samstag, 21. Mai, werden für ihre Großeltern und neun weitere Juden, die in Groß-Gerau heimisch waren, fliehen mussten, emigrieren konnten oder von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager ermordet wurden, Stolpersteine verlegt. Darauf finden sich die Namen der Opfer, ihr Geburtsjahr und die Jahre ihrer Emigration oder Ermordung.
Verlegt werden die Stolpersteine elf, zwölf und 13 in Groß-Gerau in den Gehweg in der Walter-Rathenau-Straße 11 und 16 sowie in der Darmstädter Straße 1. Dazu kommt Gunter Demnig in die Kreisstadt, auf den diese Art des Gedenkens zurückgeht. Die Gedenkveranstaltung beginnt um 9 Uhr in der Walter-Rathenau-Straße 11.
Telefonisch hat Ruth Veit, heute 91 Jahre alt, Jürgen Ziegler vom Förderverein Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau ihre Lebensgeschichte erzählt. Der traurige Lebensweg des Mädchens, das mit acht Jahren mit seiner Schwester nach England verschickt worden war und später in die USA flüchten konnte, ist heute im Internet auf www.erinnerung.org nachzulesen.
Ruth hat überlebt, aber ihr Weg war grausam. Ihre Mutter nahm sich 1926, ein Jahr, nachdem sie geboren war, das Leben. Ihr Vater Otto Koch wurde 1938 in Buchenwald ermordet. Ihre Mutter Erna war als Tochter von Adolf und Settchen Guckenheimer in der Groß-Gerauer Walter-Rathenau-Straße 16 aufgewachsen.
Flucht vor Antisemiten nach Frankfurt
Der Opa von Ruths Mutter Erna hatte die Firma für Baustoffe, Dünger und Kohlen gegründet. Die Söhne Adolf und Ludwig Guckenheimer führten das Geschäft in den dreißiger Jahren weiter. Adolf und seine Frau Settchen wurden von Antisemiten in Groß-Gerau schwer misshandelt und mussten nach Frankfurt flüchten. Von dort wurden sie 1941 nach Kaunas in Litauen deportiert und ermordet.
Stolpersteine werden am Samstag auch für neun weitere jüdische Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Vertreter der Stadt, des Fördervereins Jüdische Geschichte und Kultur sowie Ökumene-Pfarrer Wolfgang Prawitz vom Evangelischen Dekanat begrüßen die Teilnehmer. Schüler des Leistungskurses Geschichte der Prälat-Diehl-Schule berichten aus dem Leben der jüdischen Familien. Bruni Hirsch erinnert in einer Ansprache an ihre Großeltern.